Ad Blocker

Der Tod der Online-Werbung, oder Beginn einer besseren Werbewelt?

Der Tod der Online-Werbung, oder Beginn einer besseren Werbewelt?

25.8.2016:
Google wird ab Jan. 2017 Websites mit allzu penetranter Werbung abwerten - zumindest für die Suche auf Smartphones

28.7.2016:
Adblocker-Nutzer würden auf Blocker verzichten, wenn die Werbung weniger aufdringlich wäre

27.4.2016:
Europäische Kommission diskutiert Zulässigkeit von Maßnahmen gegen Adblocker

13.11.2015

Adblocker sollen laut Adobe und PageFair (http://blog.pagefair.com/2015/ad-blocking-report/) in 2015 bereits einen Verlust von 21,8 US-$ verursacht haben. Das heißt: Seiten mit Anzeigen (z.B. Google Display Ads) wurden zwar aufgerufen, was Kosten verursacht, aber der User hat sie nicht angezeigt bekommen, weil er einen Ad-Blocker installiert hat. Das ärgert natürlich die Unternehmen, die solche Anzeigen schalten.

Man könnte jetzt denken, dass Adblocker eher von Usern eingesetzt werden, die über ein hinreichendes technisches Wissen verfügen, mithin nur von einer kleinen Zahl an Usern. Aber in Deutschland waren es nach Statista.com im 2. Quartal 2015 bereits ca. 25% der Surfer. Und Ad Blocking wuchs in den letzten 12 Monaten um 41%.

Die einen ärgert's, die anderen freut's

Aus Usersicht sind Adblocker angenehm, verhindern sie doch, dass sich da ständig Buntes bewegt, womöglich noch mit Ton unterlegt; dass Werbe-Pop-Ups sich über den gewünschten Content legen und man erstmal nach dem (oft gut versteckten) Schließbutton suchen muss; dass im Hintergrund weitere nervige Anzeigen geöffnet werden etc. etc. Und wer hat sich nicht schon geärgert, wenn er nach dem Onlinekauf eines Artikels danach wochenlang stupide auf verschiedenen Websites denselben und ähnliche Artikel angeboten bekommt (Zauberwort: Retargeting).

Aus der Sicht Werbung schaltender Unternehmen ist es natürlich blöd, wenn ihre Werbung verpufft.

Und aus der Sicht der Websitebetreiber wie z.B. Zeitungen, Themenportale, Blogger, Non-Profit-Organisationen, die ihre Inhalte über Werbeeinnahmen finanzieren, ist diese Entwicklung nicht ungefährlich, weil sie dazu führen könnte, dass weniger Werbebanner gebucht werden, wenn mehr und mehr User Adblocker einsetzen. Viele Dienste, die wir gerne benutzen oder lesen, sind auf Werbung angewiesen, um zumindest den Unterhalt der Website und die Serverkosten zu finanzieren.

Websitebetreiber argumentieren bisweilen, es verlange ja auch niemand am Kiosk eine Zeitung ohne Anzeigen. Mithin müssten die Nutzer kostenloser Inhalte eben die Online-Werbung in Kauf nehmen.

Hartnäckige Websitebetreiber greifen deshalb manchmal zu Methoden, die die Werbeblocker täuschen. Dann werden Nutzern mit Werbeblockern trotz des Blockers Banner angezeigt, oder der Zugriff auf die Inhalte wird verweigert. Ob dies geschickt ist, sei dahingestellt.

Update 27.04.2016: Und in der Europäischen Kommission wird zur Zeit (April 2016) diskutiert, ob der Einsatz von Anti-Adblockern nicht gegen geltende Datenschutzrichtlinien verstößt, insofern Werbeblocker-Detektoren einen Eingriff in die Privatsphäre der Nutzer darstellen.

Update 25.8.2016: Google hat angekündigt, ab dem 10. Januar 2017 Websites insbesondere für die Suche über Smartphones abzuwerten, die allzu nervige Popup-Werbung und Interstitials verwenden.

Was tun?

Wenn Werbung generell weniger nervig wäre, würde vielleicht der Anreiz sinken, Ad Blocker einzusetzen. Aber dies ist zunächst mal ein genau so vergeblicher Wunsch wie der, dass TV-Werbung leiser würde.

Einige Ad-Blocker wie z.B. der verbreitete Adblock plus differenzieren zwischen aufdringlichen und störenden Anzeigen, die sie ausblenden, und weniger aufdringlichen, die angezeigt werden Daran könnten sich werbende Unternehmen bei der Konzeption von Anzeigen orientieren - auch wenn die Kriterien, nach denen dies geschieht, nicht sehr durchsichtig sind und bisweilen zweifelhaft erscheinen. So hat ein recht verbreiteter Ad Blocker es Unternehmen offenbar ermöglicht, sich durch Bezahlung auf eine Whitelist setzen zu lassen.

Werbung Treibende könnten zudem genauer prüfen, in welchem Umfeld sie Anzeigen platzieren. Auf seriöseren Websites ist die Chance höher, überhaupt wahrgenommen zu werden.

Anzeigen bei den großen Suchmaschinen werden nicht blockiert, z.B. Google Search Ads. Diese sind aber auch sehr unaufdringlich und zudem meistens gut zu dem passend, was da gesucht wird.

Und werbende Unternehmen könnten nach Alternativen suchen, Content platzieren …

Websitebetreiber schließlich, die ihren kostenlosen Content über Werbebanner finanzieren, könnten erwägen, Besuchern mit Ad-Blockern einen Hinweis darauf zu zeigen, dass die Inhalte ja auch finanziert werden müssen, verbunden mit der Bitte, sich die Seite ohne Ad-Blocker anzeigen zu lassen. Es ist meist nur ein Klick in den Einstellungen des Ad-Blockers, der die Anzeigen auf der besuchten Seite / Website aus- oder einblendet. Aber dann sollten die Websitebetreiber peinlich darauf achten, dass die gezeigten Banner nicht nervig sind. Das wäre sowieso sinnvoll im Hinblick auf Blocker, die unaufdringliche Anzeigen akzeptieren.

Und nicht zuletzt könnten User lernen, dass im Internet gute Inhalte nicht umsonst zu haben sind. Sie müssten bereit sein, dafür zu zahlen, oder eben Werbung in Kauf nehmen. Denn irgendwie muss die Erstellung und Publikation dieser Inhalte schließlich finanziert werden.

Unterm Strich könnten Ad-Blocker vielleicht zu einem weniger nervenden Web beitragen, wenn alle die richtigen Schlüsse ziehen. Was nichts Falsches sein muss.

Update 28.07.2016: Dies scheint sich zu bestätigen, wie eine aktuelle Studie der IAB besagt: Demnach würden 2/3 der User tatsächlich ihre Adblocker abschalten, wenn die Werbung weniger aufdringlich wäre. Besonders Ads, die dem User die Kontrolle über das Angezeigte entziehen, sowie selbst startende Videos sind besonders unbeliebt.

Original-Studie
www.iab.com